Über die Zusammenarbeit mit TachoTinta
Vincent Michalke

Die Zusammenarbeit mit TachoTinta als Musiker hat mich stark geprägt. Ich komme als Komponist aus dem Bereich der Neuen Musik, welche aus meiner Perspektive kaum vereinbar mit den choreografischen und inhaltlichen Aspekten der Arbeit von TachoTinta ist. Daher habe ich mich schnell umorientiert und in einem für mich größtenteils neuen Stil angefangen zu komponieren. Nicht nur stilistisch war die Umstellung für mich groß, sondern auch in der Art und Weise, wie ich die Musik kreiere.

Als Komponist für instrumentale oder elektronische Musik war ich es bisher gewohnt, ca. zwei bis drei Monate an einem Stück zu arbeiten, angefangen mit einer Kernidee, die immer weiterentwickelt wird. Für die Arbeit mit TachoTinta benötige ich eine viel größere Flexibilität, die Ideen ändern sich oft grundlegend und ich reagiere auf diese Änderungen und passe die Musik an. Ich habe meine Arbeitsweise daher so angepasst, dass ich zuerst sehr kurze musikalische Skizzen entwerfe, mit denen ich hauptsächlich testen möchte, ob deren Klang/Stimmung zu Teilen der Choreografie passt. Die Skizzen, bei denen sich andeutet, dass sie passen könnten, behalte ich bei und verlängere diese gegebenenfalls. Erst in der letzten Phase der Arbeit, wenige Wochen vor der Premiere, wenn auch die Choreografie sich so langsam verfestigt, erarbeite ich aus den gewählten Skizzen die Musik für das Stück. Dieser Hauptteil der Komposition, für den ich früher lange Zeit gebraucht habe, geschieht jetzt meistens innerhalb von ein paar intensiven Tagen. Das funktioniert aus meiner Sicht, da die Musik nicht alleine dasteht und dementsprechend nicht durchgehend Variationen benötigt, da sie auch nur einen Teil der Aufmerksamkeit des Publikums auf sich ziehen wird.

Mein Wunsch in dieser Zusammenarbeit ist außerdem, dass ein Tanzstück entsteht, das in seiner Gesamtheit möglichst konsequent und eindrücklich wird. Daher versuche ich stets abzuwägen, wie viel Platz meine Musik an welchen Stellen einnehmen sollte. So kommt es, dass musikalische Ideen und Entwicklungen stellenweise verworfen werden müssen, damit sie sich nicht in den Vordergrund drängen, solange es nicht passt.

Gemeinsam mit TachoTinta zu arbeiten macht viel Spaß und ich lerne viel dabei, dadurch, dass ich in vielen Fragen der Gestaltung und Entstehung der Stücke mit einbezogen werde und oft vor Ort dabei bin. Gemeinsam Ideen auszutauschen und auch Feedback zu meinen musikalischen Skizzen zu bekommen bringt mir viel Inspiration und Motivation. Und ich komme dadurch in Verbindung mit Themen, mit denen ich mich bisher meist wenig befasst habe, die mir durch die Arbeit wichtig geworden sind. Der freundliche, aber stets ehrliche und kritische Austausch miteinander hilft der Entwicklung der Stücke sehr, genauso wie die Tatsache, dass sich niemand in den Vordergrund drängt und alle mit ihren Meinungen gleichwertig anerkannt werden, egal, um welchen Aspekt des Stückes es geht. Mein Eindruck ist, dass sich mit jedem bisherigen gemeinsamen Projekt unsere Zusammenarbeit verbessert hat, daher ist meine Hoffnung groß, dass es auch in Zukunft so weitergehen wird. Und darauf freue ich mich jetzt schon!